Auf unseren Antrag hin hat das Studierendenparlament am 10.Januar.2022 folgende Stellungnahme beschlossen:
„Die Studierendenschaft stellt sich deutlich gegen die sogenannte Querdenken-Bewegung. Das Verhalten der „Spaziergänger“ ist unsolidarisch und gefährlich. Insbesondere die tiefe Vernetzung der Bewegung mit Neonazis, der neuen Rechten und Reichsbürger*innen ist mehr als besorgniserregend. Die Menschen, die dort mitlaufen, sind zumindest Wegbereiterinnen und fördern direkt faschistische, antidemokratische Tendenzen und Strukturen in der Stadt und Gesamtgesellschaft.
Während einer globalen Gefährdung ist es wichtig, zusammenzustehen und gesamtgesellschaftliche Lösungen zu erarbeiten. Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn ist dabei essenziell. Es werden Thesen aufgestellt, geprüft und wenn angebracht, überarbeitet. Dabei ist fundierte Kritik durchaus wichtig. Auch Wissenschaftlerinnen sind nicht unfehlbar. Jedoch werden in der sogenannten Querdenken-Bewegung immer wieder wissenschaftsfeindliche Stimmen laut. Einzelschicksale, die der Bewegung dienlich sind, werden mit Aufmerksamkeit überschüttet. Dies widerspricht wissenschaftlicher Arbeitsweise, bei der die Auswahl repräsentativer Mengen ausschlaggebend ist, um belastbare Ergebnisse zu erzielen.
Es werden sich Fakten zurechtgelegt, alternativen ‚Expertinnen‘ kommt unproportional viel Aufmerksamkeit zuteil und es wird eine realitätsferne, parallele Wissenswelt aufgebaut. Intuitivem und emotionalem Wissen kommt hier eine größere Bedeutung zu als faktenbasierter und geprüfter Wissenschaft. Wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn muss eine große Bedeutung im gesellschaftlichen Methodenschatz zukommen. Die sogenannte Querdenken-Bewegung fördert demnach wissenschaftsfeindliche Ansichten. Die Langzeitfolgen hiervon sind unberechenbar.
Wie auch in anderen Bewegungen, die Verschwörungserzählungen verbreiten, spielt das Misstrauen in die ‚etablierten Eliten‘ eine große Rolle in den Strukturen. Die antisemitischen Züge dieser Erzählung sind teils offensichtlich – aber oft auch erst nach genauerer Auseinandersetzung klar erkennbar.
Es muss festgehalten werden, dass Verschwörungserzählungen fast immer strukturell antisemitisch sind. Weiteres dazu kann in einem Artikel der Bundeszentrale für Politische Bildung nachgelesen werden. Dieser ist unter dem Titel ‚Verschwörungsmythen und Antisemitismus‘ am 27.08.2021 veröffentlicht worden und seitdem online verfügbar.
Auch in Münster konnten wir den Geschichtsrevisionismus bei den Montagsmärschen beobachten, als eine Person mit dem sogenannten Judenstern und der Aufschrift „0 G“ mitlief. Ohne, dass die Demonstrierenden dem widersprachen. Hierbei handelt es sich um eine Gleichsetzung der Shoah mit den derzeitigen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Dieser Instrumentalisierung der Opfer der Shoah widersprechen wir entschieden.
In anderen Städten kam es zu ähnlichen Vorfällen. So verglich sich eine Studentin aus Kassel, die der dortigen „StudentenStehenAuf“-Bewegung angehörte, während einer Rede mit Sophie Scholl.
Als Vertretung der Studierenden der Uni Münster stellen wir uns dem studentischen Arm der sogenannten Querdenken-Bewegung entschieden entgegen.
Die Studierendenschaft distanziert sich insbesondere von „StudentenStehenAuf – Münster“. Durch die Telegramgruppe soll die Teilnahme an den montäglichen Zusammenkünften attraktiver gemacht werden. So wird die Teilnahme stadtbekannter Neonazis verschwiegen oder nur als Randnotiz wahrgenommen. Posts der rechtsradikalen Gruppe „Patriotic Opposition Europe“ werden akzeptiert.
Schon die Profilbilder einiger Gruppenmitglieder lassen keinen Zweifel an der offensichtlich rechten Gesinnung. Die Reichsflagge findet sich gleich bei mehreren Bildern. Ein Nutzer mit dem Namen “Defendor (CSPOA PATRIOT)” nutzt das Logo der Constitutional Sheriffs and Peace Officers Association, ein Zusammenschluss rechter US-amerikanischer Polizist*innen und deren Unterstützer*innen.
Eine „Analyse“ des Sprechers der Identitären Bewegung Österreichs Martin Sellner wird zitiert und auch das Unterstützungsangebot der rechten YouTuberin Naomi Seibt trifft auf Dank und Zuspruch.
Immer wieder werden menschenverachtende Aussagen geäußert, zum Beispiel als Teilnehmer*innen der Gruppe erfragen, ob es denn queere Personen untern ihnen gäbe, die sich instrumentalisieren lassen würden, um mehr Aufmerksamkeit für die Gruppe zu generieren.
Schilderungen über die eigene Maskenverweigerung im Zug stoßen auf breite Zustimmung von einem der Administratoren und viele Gruppenmitglieder kündigen Nachahmung an. Die Frau, die sich dem Maskenverweigerer entgegengestellt hatte, wird in der Gruppe misogyn beschimpft und diffamiert. Gewaltfantasien gegen Regierungsmitglieder sind wie selbstverständlich und werden auch von den Verantwortlichen der Gruppe akzeptiert: „[…]brauchst noch ne Axt… und mit dieser am besten auf Lauterbachs Schädel eindreschen!“
Auf den Vorschlag, dass Personen mit „50 dosen pfizer am tag“ als „nettes Experiment“, „totgeimpft“ werden sollen, reagiert ein Admin mit „Böse Zungen würden ja auch zum Einschläfern plädieren“.
Des Weiteren wird die Pandemie als „Fakepandemie“ bezeichnet und betont, Journalismus sei „ausgestorben“. Außerdem tauschen sich Gruppenmitglieder über den besten Weg aus, an Fake-Coronatests zu kommen und besprechen Strategien, um 3G-Kontrollen zu vermeiden.
Gleichzeitig werden von Trump-Anhänger*innen propagierte und gesundheitsgefährdende Stoffe an die weiterempfohlen, die sich mit dem Virus infiziert haben und über ihr Krankheitssymptome klagen. Derweil wird die Bundesrepublik Deutschland ganz selbstverständlich als Totalitarismus bezeichnet.
Die Gruppe spricht mit ihren über 400 Mitgliedern keinesfalls im Namen der Studierendenschaft. Als Vertretung der Studierenden der Uni Münster ist es uns wichtig, das klarzustellen. Stattdessen positionieren wir uns deutlich gegen die faschistischen Tendenzen und extrem rechten Strukturen der gesamten Bewegung.“
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